Der Torso als Metapher in der Malerei

In meinem ersten und bis jetzt einzigen Zyklus bediene ich mich des Torsomotivs als Metapher, da der Torso selbst das Spannungsfeld zwischen Fragment und Vollkommenheit widerspiegelt, das ich in Verbindung mit dem Ukrainekrieg setze. Nirgendwo anders hinterlässt der Krieg Spuren im Körper und verkörpert damit Traumatisierung (Körper-Seele Problem), Verstümmelung und Zerstörung.  Und doch ist auch ein verstümmelter, traumatisierter und zerstörter Körper das „ganze Leben“.  Jeder Mensch hat nur ein Leben auf dieser Erde. Diese Makroebene wird unter anderem durch die Perspektive aus dem Weltall auf die Ukraine verdeutlicht.

Kunsthistorisch folge ich den vielfältigen Metamorphosen der Antike von der verstümmelten Belvedere-Statue über den Ignudi in der Sixtinischen Kapelle, zu den Helden im Werk „Das Floß der Medusa“, „Die Barke von Dante“, „Das Massaker von Cios“, „Der Untergang der Titanik“, die das bloße Überleben darstellen, hin zu den zerstückelten Kadavern in „Los Desatres de la Guerra“, „The Great Deeds against Dead“ und „Soft Construction with boiled Beans“.  Ich folge auch den grotesk entstellten Leibern der Soldaten als Krüppel in „Theatre Du Monde Gran- Spectacle de la Vie“, „Die Hölle“, „Die Kriegskrüppel“, „Der Streichholzhändler“ bis hin zu „Guernica“, „Burnt Man IV“ und „Why Remember?“. Alle genannten Werke nutzen den Torso zur Versinn-Bildlichung der Hinfälligkeit und Zerstörbarkeit menschlicher Existenz.

In meinem Zyklus stelle ich die Verbindung von eigenständigen, in sich abgeschlossenen Werken von inhaltlicher Zusammengehörigkeit her. Dabei schildere ich nicht die Schrecken des Krieges – dargestellt etwa durch die leidende Bevölkerung oder Soldaten – sondern schaffe ein Sinnbild, das der Betrachter mit einiger Kenntnis der Antike zuordnen kann. Ich male keine brutalen Szenen, die direkte Emotionen auslösen, sondern rege zum Denken an. Der Zyklus ist ein intellektueller Ausdruck des Schreckens der Realität in der wir leben. 

„Die Rolle des Erlebenden kommt dem Betrachter in eigener Person zu, und das zu Erschauende ist das unmittelbare, das heißt nicht auf eine Naturerscheinung bezogene Kontinuum.“ (Imdahl, 1996, S. 265) Demzufolge wird aus dem Erleben des Betrachters nun gar der „ein in eigener Person unmittelbar Betroffene.“(ebd.)

Das Kunstwerk


Ukrorso pro Demokratia

Mein Zyklus „Ukrorso pro Democratia“ besteht aus einer Reihe von fünf Werken
entsprechend dem Werkprozess. Das erste Werk in der Reihe trägt den Titel „Das freie
Volk“. Das zweite Werk der Reihe „Frieden“ zeigt den Ukrorso schwebend über der
topografischen Karte der Ukraine. Das dritte Werk mit dem Titel „Angriff“ findet seinen Höhepunkt im vierten Werk „Krieg“ . Der ungewisse Ausgang wird im fünften Werk „Resolution“ dargestellt.

Der Zyklus beinhaltet fünf Bildern jeweils im Format 1,60 x 1,20 m. Mein Arbeitsprozess entwickelte sich in Kombination aus Schichtmalerei auf Leinwand mit lasierend aufgetragener Ölfarbe und dem Siebdruckverfahren zur Darstellung des Hauptmotives.

Quelle: Imdahl, M.; Newman, B. (1996): Who’s Afraid of Red, Yellow and Blue III, in: Ders.,
Gesammelte Werke, Band 1. Hrsg. v. Angeli Janhsen-Vukicevic, Frankfurt am Main 1996, S.
265.

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